Darmgesundheit, Vorsorge

Kuhmilch, Hühnerei, Erdnuss und Co. - Prävalenz, Symptome und Diagnostik von Nahrungsmittelallergien

Bestandteile von Nahrungsmitteln, meist Proteine, können bei einigen Menschen Symptome auslösen, die von Haut- und Schleimhautbeschwerden über Verdauungsprobleme bis hin zu respiratorischen Symptomen reichen. Die Prävalenz von Nahrungsmittelallergien beträgt in Deutschland aktuellen Daten zufolge ca. 4 %. Durch die teilweise schwerwiegenden Symptome und die Herausforderung, Allergene im Alltag komplett zu meiden, kann die Lebensqualität der Allergiker eingeschränkt sein. Betroffene sollten über die sie betreffenden Allergene sowie über mögliche Kreuzallergene umfassend aufgeklärt werden, um ein beschwerdefreies Leben führen zu können. In unserem Beitrag erfahren Sie mehr zu Prävalenz, Symptomen und Diagnostik von Nahrungsmittelallergien.

Arten und Prävalenz von Nahrungsmittelallergien

Bei IgE-vermittelten Nahrungsmittelallergien unterscheidet man zwischen primären und sekundären Allergien. Bei der primären Allergie, die sich meist schon im Kleinkindalter manifestiert, kommt es zu einer nicht toxischen Hypersensitivität gegenüber vorwiegend stabilen Nahrungsmittelproteinen (Glyko-/Lipoproteine). Der sekundären Allergie hingegen liegt eine Hypersensitivität gegenüber Aeroallergenen, wie Pollenallergenen, zugrunde, durch die die Betroffenen anschließend im Rahmen einer Kreuzallergie auf strukturverwandte, häufig instabile Allergene in (pflanzlichen) Lebensmitteln reagieren. Ein Beispiel hierfür ist die Sensibilisierung gegenüber Birkenpollen: Strukturähnliche Proteine zum Hauptallergen der Birkenpollen, das PR-10-Protein, finden sich in Kirschen, Erd- und Haselnüssen, Äpfeln, Karotten oder Kiwis. 

Aus der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DGES) aus dem Jahr 2012 geht hervor, dass die Lebenszeitprävalenz der Nahrungsmittelallergie bei Frauen ca. 6,4 % und bei Männern ca. 2,9 % beträgt. Hierbei wird ein hormoneller Zusammenhang vermutet: Östrogene wirken proinflammatorisch, sie erhöhen beispielweise die Aktivität von Mastzellen. Frauen könnten durch die höheren Östrogenspiegel deshalb ein größeres Risiko für Atopien haben als Männer. Die Daten zur Prävalenz sind jedoch mit Vorsicht zu betrachten: Verschiedene Gründe können die Bestimmung der Prävalenz erschweren, darunter das Vorhandensein von Augmentationsfaktoren, wie Anstrengung und Infekte, individuelle Beschreibung und Empfindung von Symptomen, neue bzw. versteckte Allergene sowie eine natürliche Toleranzentwicklung.

Allergene und Symptome

Zu den Nahrungsmitteln, die am häufigsten Allergien auslösen, zählen Kuhmilch, Hühnerei, Erdnuss und Nüsse; die Hypersensibilität gegenüber Kuhmilch und/oder Hühnerei verliert sich jedoch häufig in den ersten Lebensjahren. Bei Kindern stellen zusätzlich Weizen und in selteneren Fällen auch Soja und Fisch potenzielle Allergenquellen dar. Bei Erwachsenen hingegen können pollenassoziierte (z. B. Stein- und Kernobst, Sellerie, Karotte) sowie, in selteneren Fällen, latexassoziierte Allergenquellen relevant sein (z. B. Banane, Avocado, Kiwi und Feige). Zusätzlich lösen Fisch und Krustentiere häufig allergische Reaktionen bei Erwachsenen aus, in seltenen Fällen auch Fleisch.

Abhängig von der Art und Häufigkeit der Exposition sowie der Dosis können unterschiedliche Symptome bei einer Nahrungsmittelallergie ausgelöst werden. Der Expositionsweg spielt dabei eine wichtige Rolle, denn die Symptome sind vielfältiger, wenn mehrere Organsysteme beteiligt sind. Die Exposition kann oral, perkutan, inhalativ oder parenteral erfolgen. Aus Tabelle 1 gehen die möglichen Symptome geordnet nach Organsystem hervor. 

Tabelle 1: Mögliche Symptome einer Nahrungsmittelallergie nach Zielorgan; adaptiert nach: Worm et al. Update of the SK2 guideline on the management of IgE-mediated food allergies. Allergologie select. 2021 5: 195-243
OrgansystemSymptom 
Systemisch; KreislaufAnaphylaxie
Hypotension, Schock
Tachykardie (selten Bradykardie bei Anaohylaxie)
Benommenheit, Schwindel
Synkope
Haut

(Flüchtiges) Erythem ("flush")
Urtikaria
Juckreiz
Angioödem
Exanthem

 

AugenJuckreiz
Rötung (konjunktivale Injektionen)
Tränenfluss
Periorbitales Ödem
Oberer RespirationstraktNasale Kongestion
Juckreiz
Schnupfen (Rhinorrhö)
Larynxödem, Stridor
Heiserkeit
trockener Husten
Unterer RespirationstraktHusten
Thorakales Engegefühl
Schweratmigkeit, Atemnot (Dyspnoe)
Pfeifende Atemgeräusche (Giemen)
Zyanose
OropharynxSchwellungen der Lippen, Zunge und/ oder des Gaumens
Oraler und/ oder pharyngealer Juckreiz
GastrointestinaltraktÜbelkeit
Erbrechen
Bauchschmerzen
Gastroösophagealer Reflux (GÖR)
Diarrhö

 

Die Leitsymptome einer schweren allergischen Reaktion umfassen bei Erwachsenen primär das Herzkreislauf- und bei Kindern das respiratorische System. 

 

Diagnostik und Behandlung  

Zur Diagnostik von Nahrungsmittelallergien gehören eine umfassende Anamnese, wenn möglich mit Ernährungs- und Symptomprotokoll, ein Sensibilisierungstest durch IgE-Bestimmung und/oder einen Pricktest sowie ggf. eine diagnostische Eliminationsdiät oder ein Provokationstest. Bei Kindern kommt als Sensibilisierungstest bevorzugt die in-vitro-Diagnostik zum Einsatz. 

Nur etwa die Hälfte der in der Bevölkerung nachweisbaren Sensibilisierungen gehen mit Symptomen einher - die diagnostische Spezifität beträgt daher nur etwa 50%. Ein positives Testergebnis ist nur dann relevant, wenn klinisch korrespondierende Symptome vorliegen. Ist dies nicht eindeutig feststellbar, beispielsweise durch eine unklare Anamnese, soll die klinische Relevanz mithilfe eines oralen Provokationstests bzw. einer Eliminationsdiät überprüft werden. Bei gastrointestinalen Symptomen kann eine spezielle Diagnostik, beispielsweise eine mukosale Provokation und endoskopische Lavage, in Betracht gezogen werden.

Bei einer anhaltenden Nahrungsmittelallergie besteht die Behandlung aus einer Eliminationsdiät. Allergiker sollten umfassend über mögliche Allergenquellen aufgeklärt werden, ihr Umfeld über die Allergie informieren und Notfallmedikamente, wie Adrenalin oder ein Antihistaminikum, immer bei sich tragen, falls das Risiko einer anaphylaktischen Reaktion besteht. 

 

Fazit

Nahrungsmittelallergien betreffen ca. 4 % der Bevölkerung in Deutschland. Die häufigsten Symptome sind Haut- und Schleimhautbeschwerden, wie Urtikaria oder Angioödeme. Bei der primären Nahrungsmittelallergie, die sich oftmals schon im Kindesalter manifestiert, besteht eine Sensibilisierung gegenüber Glyko-/Lipoproteine in Nahrungsmitteln, während die Sensibilisierung bei sekundären Allergien Aeroallergene betrifft. Im Rahmen einer Kreuzallergie reagieren Betroffene dann auf strukturverwandte Allergene in Lebensmitteln. Der diagnostische Weg besteht aus einer umfassenden Anamnese gefolgt von einem Sensibilisierungstest (Hauttest oder Nachweis von IgE mittels in-vitro-Diagnostik). Ein positives Testergebnis ist allerdings nur dann relevant, wenn entsprechende klinische Symptome vorliegen. Betroffene sollten umfassend über die relevanten Allergene und deren Quellen aufgeklärt werden, damit sie durch Meiden der Allergene ein beschwerdefreies Leben führen können.

 

 

Referenzen:

  1. Worm M, Reese I, Ballmer-Weber B, Beyer K, Bischoff SC, Bohle B, Brochow K, Claßen M, Fischer PJ, Hamelmann E, Jappe U, Kleine-Tebbe J, Klimek L, Koletzko B, Lange L, Lau S, Lepp U, Mahler V, Nemat K, Raithel M, Saloga J, Schäfer C, Schnadt S, Schreiber J, Szépfalusi Z, Treudler R, Wagenmann M, Werfel T, Zuberbier T. Update of the SK2 guideline on the management of IgE-mediated food allergies. Allergologie select. 2021; 5: 195-243. DOI 10.5414/ALX02257E.            
  2. Afify, SM, Pali-Schöll, I. Adverse reactions to food: the female dominance – A secondary publication and update. World Allergy Organ J. 2017;10, 43.  
  3. Langen U, Schmitz R, Steppuhn H. [Prevalence of allergic diseases in Germany: results of the German Health Interview and Examination Survey for Adults (DEGS1)]. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz. 2013; 56: 698-706.  
  4. Bundesinstitut für Risikobewertung: Lebensmittelallergien. Lebensmittel; https://www.bfr.bund.de/de/lebensmittelallergien-61267.html#:~:text=Die%20wichtigsten%20Allergie%20ausl%C3%B6senden%20Lebensmittel,f%C3%BCr%20Erwachsene%20wichtige%20Nahrungsmittelallergene%20dar  zuletzt abgerufen am 26.07.2023

 

Ihr Ansprechpartner

Dr. Martin Hampel
news@limbachgruppe.com

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